Freelancer-Schweiz-News 05/2018
Grüezi liebe Leserinnen und Leser,
der Erfolg eines Freiberuflers im Markt hängt davon ab, wie er/sie sich im Markt positioniert. Sie erfahren in unserem ersten Artikel, wie sich Kunden entscheiden und worauf es bei der Beauftragung von Freelancer-Dienstleistungen ankommt.
Im zweiten Artikel lesen Sie, warum es für Schweizer-Firmen wichtig ist, sich mit der neuen Datenschutzgrundverordung zu beschäftigen. Wir beantworten eine Reihe von Fragen, die oft von vielen Firmen gestellt werden.
Im dritten Gastartikel schreibt der Unternehmensberater Johannes Maib über die Entwicklung der künstlichen Intelligenz und der digitalen Innovation.
Im Freiberuflerwitz des Monats lesen Sie, welche Lösung ein freiberuflicher PR-Berater drei Microsoft-Mitarbeitern bei einer Reifenpanne vorschlägt.
Ich wünsche Ihnen auch diesmal viel Spass beim Lesen und natürlich wie immer gute Geschäfte!
Ihr Amor Dhaouadi
Wie positioniere ich mich im Freelancer-Markt?
In meinen Diskussionen mit vielen Freiberuflern in der Schweiz werde ich oft gefragt, wie man sich positionieren sollte, bezüglich Stundensatz, Qualifikation, Erfahrung usw.
Ich muss zugestehen: Es gibt kein Patentrezept, das man für alle Berufsgruppen hernehmen kann. Jede Berufskategorie hat ihre eigenen Spezifika, die nur für sie gelten und nicht auf andere Berufe übertragbar sind. Ich hatte zuletzt ein Telefongespräch mit einer Physiotherapeutin, und sie fragte mich, wie sie ihren Stundensatz festlegen soll, da sie darin sowohl ihr eigenes Entgelt berücksichtigen soll, als auch anteilig die Kosten für die Nutzung der Trainingsgeräte der Sportstudios, wo sie ihre Kunden behandelt und betreut. Das war wirklich eine sehr schwierige Frage, die nur ein Kenner der Branche beantworten kann.
Lassen Sie uns zunächst zu unseren Berufskategorien zurückgehen, die wir bei Freelancer-Schweiz im Angebot haben und unterstützen.
Die Auswahlkriterien bei den Entscheidern in den Firmen können sehr vielfältig sein, und es wäre falsch zu sagen, durch diese oder jene Massnahme Sie garantiert an mehr Projekte kommen .
Sicherlich ist der Preis ein entscheidender Faktor; aber es spielen sehr viele andere Einflussgrössen genauso eine entscheidende Rolle. So legen Schweizer Unternehmen beispielsweise sehr viel Wert auf Qualität. Nicht ohne Grund setzen viele Firmen bei ihren Marketingkampagnen auf das „Swiss Made“ bzw. auf den „Swissness“-Effekt (ähnlich wie „Made in Germany“ in Deutschland).
So habe ich es erlebt, dass Kunden bewusst Freelancer mit höheren Stundensätzen anheuern, um bessere Qualität zu erhalten. Dies kann man aber nicht auf alle Kunden verallgemeinern. Es gibt auch preissensitive Kunden, die sehr wohl auf den Preis achten und günstigere Freelancer suchen. Aufgrund der Breite und Vielfalt der Kunden ist es schwer einzuschätzen, was letzten Endes ausschlaggebend für die Kundenentscheidung ist. Was man mit Sicherheit sagen kann ist, dass ein vernünftiges Verhältnis von Preis und Qualität zwar keine Garantie darstellt, aber ein entscheidender Faktor bei der Entscheidung des Kunden ist.
Neben dem Preis spielt bei einigen Firmen auch der Sprachaspekt eine wichtige Rolle. In der Deutsch-Schweiz sprechen fast alle Entscheider Schweizer-Deutsch, und manche von ihnen möchten ungern in einer „anderen“ Sprache sprechen. Sie wählen deshalb gezielt nur Freelancer, die in der Schweiz ihren Wohnsitz haben. Kann man diese Erkenntnis auf alle Kunden verallgemeinern? Definitiv nicht. Denn viele Firmen, besonders Startups oder kleinere Firmen, sprechen mittlerweile sowohl Schweizer-Deutsch als auch Hochdeutsch und Englisch. Ich persönlich merke, dass die meisten Firmenmanager sofort mit mir Hochdeutsch reden, sobald ich sie am Telefon auf Hochdeutsch anspreche.
Andere Kunden wiederum möchten gerne den Kunden persönlich sehen und mit ihm von Angesicht zu Angesicht kommunizieren. Hundertprozentige Remote-Arbeit kommt deshalb bei einigen Kunden gar nicht in Frage; zumindest das Kickoff-Gespräch, in welchem die Projekteinzelheiten besprochen werden, möchten einige Kunden persönlich haben.
Neben den Faktoren Preis, Sprache und Standort spielt die Vertraulichkeit und Sensitivität der mit dem Freelancer ausgetauschten Daten und Informationen eine entscheidende Rolle bei der Auswahl der Kunden.
Eine allgemeingültige Aussage über die Motivation, Gründe und Kriterien für die Kundenentscheidung lässt sich schwer treffen, da wir bis jetzt keine flächendeckende Kundenbefragung durchgeführt haben. Es gibt Markstudien aus anderen Ländern (z. B. aus Deutschland), die herausgefunden haben, dass der Preis im Freelancer-Markt eine sehr entscheidende Rolle bei der Beauftragung von Freiberuflern spielt. Das können wir mit Sicherheit unterstreichen.
Und der Physiotherapeutin, von der ich oben berichtet habe, habe ich empfohlen, im Internet nach einem erfahrenen Physiotherapeuten zu suchen und zu fragen, ob er ihr den einen oder anderen Tipp geben konnte. Ich habe ihr geraten, eventuell jemanden zu suchen, der nicht in dem Gebiet tätig ist, wo sie aktiv ist. So kann sie zumindest sicherstellen, dass sie nicht mit dem ratgebenden Physiotherapeuten in Konkurrenz steht.
DSGVO - Was Sie beachten müssen
Was steht hinter dem Begriff DSGVO?
Die Abkürzung DSGVO steht für das Wort DatenSchutzGrundVerOrdnung. Das ist die Verordnung (EU) 2016/679 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27. April 2016 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten, zum freien Datenverkehr und zur Aufhebung der Richtlinie 95/46/EG.
Wann tritt die DSGVO in Kraft?
Die EU-DSGVO ist seit dem 26.04.2016 in Kraft. Die Mitgliedsländer der EU haben eine Übergangsfrist von zwei Jahren für die Umsetzung der Verordnung gehabt. Ab dem 25.05.2018 ist sie wirksam. Alle Mitgliedsländer müssen sie umsetzen.
Welche Ziele verfolgt die DSGVO?
- Diese Verordnung enthält Vorschriften zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten und zum freien Verkehr solcher Daten.
- Diese Verordnung schützt die Grundrechte und Grundfreiheiten natürlicher Personen und insbesondere deren Recht auf Schutz personenbezogener Daten.
-Der freie Verkehr personenbezogener Daten in der Europäischen Union darf aus Gründen des Schutzes natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten weder eingeschränkt noch verboten werden.
Was ist der Unterschied zur GDPR?
GDPR steht für General Data Protection Regulation, und sie steht für die englische Übersetzung der DSGVO.
Gilt die EU-DSGVO auch für die Schweiz?
Schweizer Firmen, die eine Niederlassung in der EU haben, sind unmittelbar von der Verordnung betroffen, unabhängig davon, ob die Bearbeitung der Daten in der EU stattfindet oder woanders.
Die Anwendung der DSGVO hängt von den beiden folgenden Kriterien ab:
1. dem Kriterium der Niederlassung (= Ort der Niederlassung des Verantwortlichen oder Auftragsbearbeiters; Artikel 3 § 1): Der Verantwortliche oder Auftragsbearbeiter hat seine Niederlassung in der Europäischen Union. In diesem Fall findet die Verordnung automatisch Anwendung, unabhängig davon, ob die (personenbezogene Daten-) Bearbeitung in der EU stattfindet oder nicht.
2. dem Kriterium des Zielmarktes (= Wohnort der von der Datenbearbeitung betroffenen Person;
Art. 3 § 2): Die Niederlassung des Verantwortlichen befindet sich ausserhalb der Europäischen Union, aber die Bearbeitung betrifft Waren oder Dienstleistungen, die für Personen in der EU bestimmt sind, oder die Bearbeitung betrifft die Beobachtung des Verhaltens einer Eidgenössischen Datenschutz- und Öffentlichkeitsbeauftragten (EDÖB).
Sanktionen?
Die Aufsichtsbehörden sind gemäss DSGVO befähigt, selbst Geldbussen zu verhängen. Die verhängten Sanktionen bei Nichteinhaltung der DSGVO müssen wirksam, verhältnismässig und abschreckend sein. Dies kann sehr kostspielig sein (10/20 Millionen EUR oder 2/4 Prozent des Weltjahresumsatzes). Unter all den verfügbaren Instrumenten müssen die Datenschutzbehörden dasjenige auswählen, das dem Ziel der Einhaltung der Vorschriften am besten gerecht wird.
Was müssen die betroffenen Firmen unternehmen?
Schweizer Unternehmen, die von der neuen EU-Verordnung betroffen sind, müssen ab dem 25. Mai 2018 folgende Pflichten erfüllen (dies ist ein Auszug aus dem KMU-Portal des Eidgenössischen Departments für Wirtschaft, Bildung und Forschung):
- informieren und die Einwilligung der Person einholen, deren Daten verarbeitet werden
- „Privacy by design” und „Privacy by default“ garantieren
- einen Vertreter in der EU benennen
- ein Verzeichnis der Verarbeitungstätigkeiten erstellen
- Verletzungen des Datenschutzes an die Aufsichtsbehörde melden
- eine Datenschutz-Folgenabschätzung durchführen
- bei Verstössen gegen die DSGVO-Bussgelder zahlen.
Weitere Informationen:
Weitere Informationen finden Sie bei vielen Portalen. Hier sind ein paar Beispiele:
- Datenschutz in Europa: Die neuen Pflichten der Unternehmen
- Revision des Bundesgesetzes über den Datenschutz (DSG)
- Verordnung (EU) des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27. April 2016 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten und zum freien Datenverkehr
- Revisionen des Bundesgesetzes über den Datenschutz DSG (www.edoeb.admin.ch)
Gastartikel von Unternehmensberater Johannes Maib: Künstliche Intelligenz und digitale Innovation
Professor Schmidhuber, Popstar der Erforschung künstlicher Intelligenz, fragte die 1.400 Zuhörer beim Auftaktvortrag des McKinsey-Alumni-Meetings in Berlin, wer von uns schon etwas von „LSTM“ gehört habe. Wenige Hände gingen in die Höhe. Dabei geht es lediglich um die Abkürzung von „long short-term memory“. Eigentlich eine recht simple Idee und gleichzeitig ein Konzept, nach dem Maschinen, sprich Computer, lernen, Texte zu lesen, Gesichter zu erkennen oder Poker zu spielen und dabei immer besser werden.
Gestern war ich mal wieder auf der Autobahn von Köln nach Ludwigsburg unterwegs. Wie schon so oft. Ich erinnere mich nicht an eines der vielen Autos, die ich überholte oder hinter denen ich herbummeln musste, geschweige denn an deren Kennzeichen. Computer dagegen „sehen“ die Form, Farbe, Geschwindigkeit und viele andere Merkmale. Sie speichern alles und können nicht zwischen wichtig und unwichtig unterscheiden. Und wenn sie ein anderes Auto sehen, von dem ihnen niemand gesagt hat, das sei nun auch wieder ein Auto, dann speichern sie es ab als wäre es ein UFO.
Lernende Maschinen sind anders. Sie merken sich nicht jedes Auto – das würde selbst die immense Speicherkraft der Supercomputer überfordern. Sie nehmen nach und nach Merkmale wahr und versuchen eine Regel daraus abzuleiten, was alles ein „Auto“ ist.
Ein Kind muss nur drei oder vier Autos gesehen haben, und es weiss, was ein Auto ist. Es wird das nächste erkennen, auch wenn es das spezielle noch nie gesehen hat. Der lernende Computer ist dagegen strohdumm. Er braucht tausende von Beispielen, bis er eine Regel abgeleitet hat, die halbwegs in der Lage ist, ein Bild von einem Auto von einem realen Auto zu unterscheiden. Aber der Computer ist fleissig. Mit der Idee des LSTM kann er die vielen Autos vergessen, aber jedes einzelne trägt dazu bei, seine Regeln zu verbessern.
Dieses im Grunde simple Konzept verändert schon heute die Art wie ein Smartphone meine Handschrift erkennt, oder Google weiss, was ich als nächstes kaufen möchte – und dabei ständig besser wird. Überall wo sich Muster erkennen lassen, wo die Maschine viele Wiederholungen hat, wo sie durch Versuch und Irrtum die eigenen Regeln erproben und verbessern kann, da wird die Maschine uns irgendwann überlegen sein.
Ob die Maschinen auch Spass am Autofahren haben könnten? NR-AM 337 H, das war das Kennzeichen eines BMWs aus den 70er Jahren, den ich respektvoll langsam überholte. Ein CSi-Modell mit damals sagenhaften 200 PS, grossen Panorama-Scheiben, breiten Reifen und einer eleganten, windschnittigen Karosserie. Mit seinem hochgezüchteten Motor sollte man ihn heute wohl eher vorsichtig fahren. Aber kaum war die Geschwindigkeitsbeschränkung vorüber, hörte ich ein lautes Motorgeheul und sah den alten BMW im Rückspiegel. Auf einer Strecke von fast 100 Kilometern schaffte ich es nur mit Mühe, an dieser Autolegende dranzubleiben. Mit über 220 km/h raste der Fahrer über die Autobahn, füllte die Luft mit dem Gesang seines 6-Zylinder-Motors und dem mittlerweile seltenen Duft von katalysatorfreiem Benzin, der selbst durch die Feinstaubfilter des Mercedes drang. Einer LSTM-Maschine wären da schon längst die Elektronen verschmort.
Und was ist die Zukunftsvision von McKinsey? Der selbstlernende Beratungsroboter ist jedenfalls nicht dabei. Aber auch vom klassischen Top-Management-Consulting ist nur noch knapp die Hälfte geblieben. Die Wachstumsfelder sind die Digitalisierung in allen Elementen des Unternehmens, ach was sag ich, des Lebens! Und während die Koalitionsparteien noch streiten, wann das Benzinauto oder die Braunkohle endgültig Geschichte sein sollen, rast der Zug der digitalen Innovation längst an uns vorbei.
Vielleicht sollte ich mich mal nach einem Elektroauto umsehen. Aber sicher nicht nach einem selbstfahrenden und selbstlernenden.
Freiberuflerwitz des Monats: Reifenpanne und der PR-Agent
Drei Microsoft-Leute und deren freiberuflicher PR-Agent fahren Auto, als ein Reifen platzt.
Der Programmierer: „Mist! Also dann lasst uns aussteigen und den Reifen wechseln.“
Der Mann von der Hotline: „Ach was. Wir rufen einfach den TCS an, der soll den Reifen wechseln.“
Der Systemanalytiker: „Nein! Wir machen einfach alle Türen auf und wieder zu. Dann funktioniert es schon wieder.“
Der freiberuliche PR-Agent: „Ruhe bewahren. Wir fahren jetzt einfach ganz normal weiter. Es wird schon keiner was merken.“
Falls Sie Anregungen haben oder unseren Newsletter abonnieren möchten, können Sie uns hier gerne eine Nachricht hinterlassen: