Artikel unserer Freelancer: Wie schreiben Sie eine Stellenausschreibeung?
Jobvermittler, Recruiter, Head-Hunter, sie alle bieten auf ihren Webseiten den Freelancern, den Arbeit-Suchenden, gute Tipps und Empfehlungen, wie ein CV, eine Bewerbung zu gestalten sei. Und das ist soweit auch gut und hilfreich.
Aber was ist mit der «Gegenseite», den Job-Anbietern? Wer gibt ihnen Tipps, wie sie eine Stellenanzeige zu formulieren haben?
Auf diese Frage möchte ich nachgehend eingehen und den Spiess mal aus Sicht eines erfahrenen Freelancers umdrehen und Job-Ausschreibungen kritisieren.
Ich selbst bin selbständig erwerbender Informatiker seit 1987, also seit fast 31 Jahren. Und genauso, wie ein Personalchef die eintreffenden Bewerbungen mit einem Aufwand von höchstens 3 Minuten überfliegt, um dann zu entscheiden, ob der Kandidat für die ausgeschriebene Stelle geeignet ist oder nicht, überprüfe ich eingehende Job-Angebote (ca. 5-10 pro Tag) um zu selektieren, was für mich interessant ist und was nicht.
Dabei kann es beiden passieren, dass eine Bewerbung/Ausschreibung für eine eigentlich geeignete Stelle nur deshalb ignoriert wird, weil sie schwammig und unzureichend formuliert sind.
Deshalb: Was erwarte ich als Freelancer von einem potenziellen Arbeitgeber an Informationen, um mich überhaupt für eine Stelle zu interessieren und zu bewerben?
Dies ist zwar meine Informatiker-Sicht, aber abgewandelt wohl für alle Branchen anwendbar.
Branche:
Es genügt nicht zu sagen: «wir sind ein Produktionsbetrieb». Was produzieren Sie? Maschinen? Pharma? Tiefkühlkost?
Ein potenzieller Bewerber muss das wissen, um abzuschätzen, ob er für die Stelle geeignet ist oder nicht. Erfahrungen im Maschinenbau unterscheiden sich immerhin sehr stark vom Know-How für Pharma-Produkte oder Lebensmittel. Dasselbe gilt natürlich auch für Retailer, Finanz-Dienstleister etc. Als Freelancer und potenzieller Bewerber auf eine Stelle muss ich wissen, ob ich die entsprechende Branchenerfahrung habe.
Arbeitsort:
Auch wenn Sie den exakten Ort nicht verraten wollen, um Rückschlüsse auf die hinter dem Angebot stehende Firma zu vermeiden: Bei grösseren Städten macht es Sinn, den Ort etwas genauer anzugeben, um dem Bewerber eine Chance zu geben, den Arbeitsweg abzuschätzen.
Beispiel: Wenn der Arbeitsplatz im Nordosten von Zürich liegt, ich aber im Südwesten von Zürich lebe, würde es für mich rein vom Arbeitsweg her mehr Sinn ergeben, eine Stelle in Zug anzunehmen als mich jeden Tag zweimal durch den Gubrist und das Limmattaler Kreuz zu quälen. Was zur nächsten Punkt führt:
Geben Sie an, wie gut der Arbeitsort mit ÖV zu erreichen ist.
Remote:
Bei Informatik-Projekten ist es für den Freelancer wichtig zu wissen, ob er vor Ort arbeiten muss oder ob er remote (per Telearbeit) arbeiten kann. Und wenn «vor Ort», zu welchem Prozentsatz.
Ein Freelancer aus Zürich kann problemlos für ein Projekt remote arbeiten, wenn der Arbeitgeber in Genf, Hamburg, London, Chicago oder Timbuktu beheimatet ist. Aber wenn er vor Ort arbeiten muss, bedeutet dies, dass er Reisezeit und Reisekosten sowie ein Hotelzimmer mit einkalkulieren muss.
Betrachten Sie die Situation also auch aus Sicht des Freelancers und wundern Sie sich nicht, dass ein Freelancer, der mehr als 200 km von Ihnen entfernt wohnt eine höhere Bezahlung verlangt als jemand, der gleich um die Ecke wohnt.
Technologie:
Wenn es um Migrationsprojekte in der Informatik geht: Migrationen finden immer statt von System A auf System B (z.B von Oracle auf Navision). Geben Sie also auf alle Fälle das alte System A wie auch das neue System B an, denn schlussendlich suchen Sie einen Entwickler, der im Idealfall beide Systeme kennt.
Floskeln:
Wenn es um die Position eines Projektleiters geht, werden häufig Floskeln verwendet wie: «Erarbeitung der detaillierten Projektziele», «Planung und Durchführung aller Massnahmen zur Erreichung der Projektziele», «Durchsetzungsvermögen», «Kommunikative Fähigkeiten».
Vermeiden Sie das, denn sie beschreiben hiermit nur, was generell von einem Projektleiter erwartet wird. Derartige Aussagen sind etwa so sinnfrei wie bei der Suche nach einem Bus-Fahrer: «Muss einen Führerschein haben.».
Konzentrieren Sie sich lieber auf das Wesentliche. Zum Beispiel, ob das Projekt nach modernen Methoden wie «Scrum-Agile» oder nach alter Methode «Waterfall» durchgezogen werden soll und welche Projektleitungs-Tools zur Verfügung stehen.
Fazit:
Versuchen Sie, sich in die Lage genau jenes Kandidaten zu versetzen, den Sie ansprechen möchten:
Wo soll er wohnen? Welche Erfahrungen soll er haben? Wie jung oder alt soll er sein? Suchen Sie jemanden für eine langfristige Zusammenarbeit, den Sie formen können oder eher jemanden, der Erfahrung in Ihr Unternehmen bringt?
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Dieser Artikel wurde in den Freelancer-Schweiz-News 01/2018 veröffentlicht.