Gastartikel von Unternehmensberater Johannes Maib: Viel Glück!
In der vergangenen Weihnachtszeit stapelten sich bei mir die Bittbriefe von Wohltätigkeitsorganisationen. Alle tun angeblich etwas gegen die Not auf der Welt und wollen dafür mein Geld. Aber was bringt das wirklich? Mache ich die Welt damit glücklicher?
Vielleicht sagt es uns die Glücksforschung. Was für ein Forschungsgebiet! Ob Glücksforscher glücklich sind? Glück ist ein flüchtiges Gefühl, das Glücklichsein leider kein Dauerzustand. Es sind kurze Glücksmomente, die uns glücklich machen. Ein kleines Kind auf dem Arm seiner Mutter reicht mir mit breitem Lachen seine angeknabberte Brezel. Ein umweltbewegter Stuttgarter berichtet euphorisch, wie er am Wochenende mit vielen Gleichgesinnten den Sieg im Hambacher Forst gefeiert hat. Mein Handy – verloren, nicht zu finden. Panik! Alle meine Kontakte, die WhatsApp-Nachrichten, meine Fotos – alles weg! Wann hatte ich es zuletzt gesichert? Erst die geniale App „Finde mein Handy“ führte mich auf die Spur: Es hatte sich im Gartenschuppen versteckt. Glücksmomente!
Glück haben, glücklich sein, das ist sehr persönlich und nur von kurzer Dauer. Wie fängt der Glücksforscher diesen flüchtigen Schmetterling ein? Es gibt tatsächlich einen Glücksatlas. In Schleswig-Holstein und Hamburg ist man glücklicher als in Sachsen-Anhalt und Brandenburg. Wer länger als 40 Minuten zur Arbeit fahren muss, ist unglücklicher als der im Homeoffice. Wer mehr verdient, wer gesund ist, wer schöner wohnt ist glücklicher.
Unter den 28 EU Staaten liegt Deutschland allerdings nur auf Platz 9, hinter Dänemark und Holland, allerdings weit vor den Griechen, Serben und Bulgaren. Insgesamt sind alle Europäer glücklicher als in den Jahren zuvor. Weltweit rangiert Finnland an der Spitze im „World Happiness Report 2018“ – ja, auch den gibt es. Deutschland liegt auf einem achtbaren 15 Platz, vor den USA auf Platz 18, Frankreich (23), Haiti (148) und Schlusslicht Burundi (156). Aber auch diese Statistik misst nicht das Glück im Leben. In all diesen Studien wurden die Menschen nach ihrer Zufriedenheit mit den jeweiligen Lebensumständen gefragt. Wer gesund und glücklich ist lebt länger. Diese Erkenntnis der Glücksforschung überrascht nicht. Das wusste schon Voltaire: „Da es sehr förderlich für die Gesundheit ist, habe ich beschlossen, glücklich zu sein.“
Lässt sich das Glück bewusst herbeiführen? Höherer Mindestlohn? Mehr Mütterrente? Kürzere Arbeitszeit? Weniger CO₂? Alle diese Wohltaten leiden unter dem Phänomen des eskalierenden Nullpunktes: Eine Verbesserung macht nur kurzfristig zufrieden, dann sind die Ansprüche gestiegen und die alte Unzufriedenheit kehrt zurück. Auch die öffentliche Berichterstattung neigt dazu, über die Katastrophen, die Skandale und das Unglück zu berichten. Wen interessiert schon, wie viele Migranten NICHT im Mittelmeer ertrunken sind? Wie viele Millionen Menschen auf der Welt aus Hunger und Armut herausgekommen sind?
Zum Start des neuen Jahres deshalb ein paar positive Nachrichten, die uns und den Rest der Welt glücklicher machen (sollten): Die Zahl der Menschen in absoluter Armut auf der Welt hat sich in den letzten 20 Jahren mehr als halbiert! Ebenso sank die Kindersterblichkeit um mehr als die Hälfte. Selbst die Feinstaubwerte in Deutschland haben sich halbiert. Unserer Lebenserwartung liegt in Deutschland bei 81 Jahren – zehn Jahre mehr als in der Generation unserer Eltern. Und wenn sie denn sterben, vererben sie so viel Vermögen wie in keiner Generation zuvor.
Und? Hat’s gewirkt? – Oder immer noch nicht glücklich? Dann dürfen wir nicht traurig sein: Den Seinen gibt's der Herr im Schlaf. Bei den Dänen – haben Glücksforscher herausgefunden – sind’s die Gene. Man ist halt glücklich, weil man es von Natur aus ist.
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Dieser Artikel wurde in den Freelancer-Schweiz-News 03/2019 veröffentlicht.