Wird die Nachfrage nach Freelancern in der Schweiz ansteigen?
Vor einer Woche habe ich an einem Workshop teilgenommen, der von der Firma Oracle in Zürich organisiert wurde. Es wurden unterschiedliche Themen diskutiert, darunter auch das Thema Marktvolatilität, Planungsunsicherheit, Führungskultur, Digitalisierung und ihre Folgen auf die Geschäftsprozesse von Unternehmen.
In einer Diskussionsrunde über Planungs(un)sicherheit und Marktvolatilität haben die meisten Diskussionsteilnehmer (das sind Leute aus dem CXO-Level) ihre Sorge über die immer kürzer werdenden Planungszyklen geäussert. Firmenmanager finden immer mehr Schwierigkeiten, ihre Geschäftspläne (und damit ihre Geschäftsziele) planmässig und konsequent durchzuführen. Das ziehe sich durch alle Organisationseinheiten.
Produktentwickler ändern immer wieder ihre Produktpläne; Finanzverantwortliche müssen ihre Zahlen ständig ändern, anpassen und Bericht erstatten; Vertriebs- und Marketingleuten geht es dementsprechend nicht besser.
Eine der Fragen, die die Teilnehmer interessierte, war: Wie geht man mit der Planungsunsicherheit um? Aufhalten kann man das natürlich nicht. Es muss ein Umdenken in den Chefetagen stattfinden, dem entgegenzuwirken.
Einen interessanten Ansatz aus der Welt der Fertigung fanden die Firmenmanager in der Diskussion sehr attraktiv: In den meisten Produktionsstätten haben Firmen seit Jahrzehnten auf Grund von Nachfrageschwankungen ihre Kapazitäten zurückgefahren und auf einem Durchschnittsniveau durch Stammpersonal besetzt. Bei saisonaler und hoher Nachfrage arbeiten Produktionsmanager mit temporären und erfahrenen Mitarbeitern von Leihfirmen zusammen.
Dieses bewährte Modell in der Produktion könnte auch auf die Bereiche Finanzen, Entwicklung, Marketing und Vertrieb übertragen werden, so die Meinung der Workshop-Teilnehmer. Anders lasse sich die Problematik bei der jetzigen Marktsituation und -volatilität nicht bewältigen.
Die Vorteile für Firmen liegen auf der Hand: Freelancer sind meist Fachspezialisten auf einem bestimmten Gebiet, die für neue Projekte benötigt werden und in der Firma fehlen. Sie bringen einen grossen Erfahrungsschatz mit und können sich schnell in Projektteams einarbeiten. Dadurch erhöhen sie die Produktivität in den Firmen. Darüber hinaus bringen sie, durch ihren Einsatz in anderen Firmen, eine externe Sicht auf die zu lösenden Probleme mit ein. Interne Mitarbeiter können eine ganze Menge vom Freelancer lernen.
Freelancer verlangen zwar ein höheres Honorar für ihre Arbeit, dafür übernehmen sie die Sozialabgaben. Durch den Konkurrenzkampf zwischen Freelancern auf den heutigen Plattformen lässt sich der Preis etwas drücken. Für Urlaub bekommt ein Freelancer kein Geld, wie beispielsweise ein Festangestellter. Sollte die Arbeitsqualität nicht zufriedenstellend sein, kann die Zusammenarbeit kurzfristig beendet werden.
Kommen wir nun auf die ursprüngliche Frage zurück: Werden wir in der Zukunft mehr Freelancer brauchen? Im deutschsprachigen Raum existieren viele Studien über die Entwicklung des Freelancer-Marktes in Deutschland, und alle Studien weisen darauf hin, dass die Anzahl der Vollzeit-Freelancer ansteigen wird. Besonders im IT-Bereich werden immer mehr Fachspezialisten benötigt, um neue Aufgaben zu bewältigen. Für die Schweiz existieren zurzeit nicht so viele Studien, die verlässliche Prognosen über die Entwicklung des Freelancer-Marktes liefern. In einem Telefongespräch mit einem Deloitte-Mitarbeiter, der eine Studie im Jahr 2016 veröffentlicht hat, sagte mir der Autor der Studie, dass ungefähr 9 Prozent der Beschäftigten in der Schweiz Vollzeit-Freelancer sind.
Betrachtet man das Ganze aus der Sicht der Nachfrager-Kunden (das sind die Entscheider in den Firmen), kann man aus den Diskussionen in den Oracle-Workshops die Prognose stellen, dass die Nachfrage nach Freelancern in Zukunft steigen wird. Gut für uns alle!
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Dieser Artikel wurde in den Freelancer-Schweiz-News 04/2018 veröffentlicht.