Freelancing in der Grauzone: 7 Fehler, die dich teuer zu stehen kommen können
Ein echter Fall, der nachdenklich macht
Lüneburg, Deutschland.
Eine Studentin lässt sich ihre Dissertation von einem Ghostwriter schreiben – 130 Seiten, 16’900 Franken.
Als das Ergebnis nicht ihren Erwartungen entspricht, zieht sie vor Gericht.
Das Urteil: Beide verlieren.
Der Vertrag gilt als sittenwidrig. Kein Geld, keine Rückzahlung, kein Doktortitel.
Was nach einer kuriosen Geschichte klingt, ist in Wahrheit ein Spiegel unserer Branche.
Auch Freelancer geraten oft in rechtliche oder moralische Grauzonen – manchmal ohne es zu merken.
Und genau daraus können wir lernen.
Was sind eigentlich „Grauzonen“ im Freelancing?
Das sind Aufträge, bei denen etwas „nicht ganz sauber“ ist:
- rechtlich (fehlende Verträge, Scheinselbstständigkeit, Urheberrechtsverletzungen)
- moralisch (unethische Zwecke, irreführende Inhalte, Fake-Projekte)
- oder wirtschaftlich (nicht deklarierte Einnahmen, fehlende Absicherungen).
7 Lektionen aus dem Fall der Ghostwriterin
1. Nicht jeder Auftrag ist ein guter Auftrag
Nur weil jemand bezahlt, ist es noch kein fairer Job.
Wenn du merkst, dass du etwas tun sollst, das gegen Richtlinien, Urheberrecht oder Integrität verstösst – stopp.
→ Frage dich: Würde ich diesen Auftrag auch übernehmen, wenn mein Name darunter stünde?
Ghostwriting für Abschlussarbeiten, Fake-Testimonials oder manipulierte Bewertungen sind nicht nur unethisch – sie gefährden deine Existenz als Freelancer.
2. Warum du bei rechtswidrigen Aufträgen leer ausgehst
Im Gerichtssaal von Lüneburg wurde es deutlich:
Ein sittenwidriger Vertrag ist nichtig.
Das heisst: Kein Anspruch auf Geld – weder für dich, noch für deinen Kunden.
Das passiert schneller, als du denkst:
z. B. bei Schwarzarbeit, illegalen Subaufträgen oder falscher Rechnungsstellung.
Wenn du auf Nummer sicher gehen willst, nutze unseren Mustervertrag für Freelancer – kostenlos und rechtssicher.
3. Ohne Vertrag kein Schutz – Punkt.
Viele Freelancer verlassen sich auf Handschlag-Abmachungen oder Chat-Nachrichten.
Doch wenn etwas schiefläuft, zählt nur das, was schriftlich festgehalten wurde.
Definiere immer:
- Leistungsbeschreibung
- Lieferumfang
- Nutzungsrechte
- Zahlungsbedingungen
- Rücktrittsregeln
4. Die Grauzone frisst deine Reputation
Kurzfristig verdienst du vielleicht Geld.
Langfristig kostet dich jeder zweifelhafte Auftrag mehr, als du denkst.
Deine Reputation ist dein Kapital.
Ein Projekt mit schlechtem Beigeschmack kann dich auf Plattformen, in Netzwerken oder bei potenziellen Kunden diskreditieren.
Freelancing lebt von Vertrauen – nicht von Tricks.
5. Wenn sich etwas falsch anfühlt, ist es das meist auch
Intuition ist ein unterschätztes Business-Tool.
Wenn du beim Lesen eines Briefings denkst: „Das kann doch nicht richtig sein“, hör auf dein Bauchgefühl.
Kein seriöser Kunde will dich in Schwierigkeiten bringen.
Und kein gutes Projekt braucht Geheimhaltung auf Kosten deiner Werte.
Frage an dich:
Hast du schon einmal einen Auftrag angenommen, obwohl dein Bauchgefühl Nein gesagt hat?
6. Rechtlich sauber arbeiten schützt dich – und dein Einkommen
Schreibe saubere Rechnungen.
Verwende Musterverträge.
Und halte dich an die gesetzlichen Vorgaben: AHV, SVA, MWST, Unfallversicherung, Buchhaltung.
Wer „unter der Hand“ arbeitet, verliert jeden Anspruch auf Schutz.
Besonders wichtig: Vermeide Scheinselbstständigkeit.
Sie kann Nachzahlungen über Jahre bedeuten.
Mehr dazu findest du in unserem Beitrag: Scheinselbstständigkeit in der Schweiz: Wie du dich schützt.
7. Integrität ist dein bestes Marketing
Am Ende geht es um Vertrauen.
Wenn du transparent arbeitest, fair bleibst und zu deinen Prinzipien stehst, baust du eine Marke auf, die Bestand hat.
Kunden merken, ob du nur ablieferst – oder aufrichtig arbeitest.
Integrität ist der stillste, aber stärkste Wachstumstreiber, den du als Freelancer hast.
Was du konkret tun kannst
- Verwende einen klaren Vertrag für jeden Auftrag (→ Mustervertrag hier herunterladen).
- Prüfe bei jedem neuen Kunden: Ist der Auftrag legal, fair und transparent?
- Lies unsere Artikel über Scheinselbstständigkeit
- Halte deine Finanzen sauber – Rechnungen, AHV, MWST, Buchhaltung.
Fazit
Der Lüneburger Fall ist eine Warnung.
Freelancer bewegen sich oft zwischen Flexibilität und Verantwortung.
Wer dabei in die Grauzone rutscht, riskiert nicht nur Geld – sondern seinen Ruf.
Ethisch sauberes Arbeiten ist kein Nachteil. Es ist dein Wettbewerbsvorteil.
Frage zum Schluss:
Hast du schon einmal einen Auftrag abgelehnt, weil er sich falsch angefühlt hat?
Erzähl uns davon in den Kommentaren.
Über den Autor
Name: Amor Dhaouadi
Kurzbeschreibung:
Amor ist dein Partner und Helfer, wenn du mehr Erfolg im Beruf und im Geschäft haben willst.
Gibt Orientierung bei komplexen Entscheidungen in Vertrieb, Marketing und Strategie.
Unterstützt Solopreneure und Unternehmer dabei, Klarheit zu gewinnen, Potenziale zu erkennen und wirkungsvolle Schritte umzusetzen.
Der Fokus: praxisnahe Impulse, die Wachstum fördern – persönlich, unternehmerisch und strategisch.
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Dieser Artikel wurde in den Freelancer-Schweiz-News 10/2025 - Bonusausgabe veröffentlicht.



